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  Kurzkrimis Gampenstein

Mein Name ist Gampenstein, Armin Gampenstein. Hier, ich gebe Ihnen mal meine Karte, man kann ja nie wissen. Richtig, Vertreter für Kosmetika. Also falls Ihre Frau mal einen Besuch braucht, der Ihre Ehe wieder in Schwung bringt... kleiner Scherz, jetzt sehen Sie mich nicht so an!
Sie haben schon recht, Kosmetikartikel werden normalerweise nicht von kleinen, dünnen Männern verkauft, ich nehme Ihr Grinsen durchaus nicht persönlich. Mein Chef war zunächst auch skeptisch, als er mich sah. Aber die Erfolgsquote gibt mir Recht. Die Durchschnittshausfrau wie ich sie kenne will nicht von einem wunderbusigen Superweib beraten werden. Unscheinbarkeit nützt enorm, Sie würden staunen! Was, Sie glauben mir nicht? Na dann hören Sie mal, was mir erst letzten Freitag passiert ist:
Ich klingle an einer Tür. Sie wird prompt geöffnet und vor mir steht -- unglaublich. Schwarzer Morgenrock, eine Oberweite zum Ersticken, eine schwarze Mähne und dieses unverschämte Lächeln... Sie muss schon über 50 gewesen sein, hatte aber die Frechheit einer 15jährigen. Zerrte mich wie selbstverständlich in die Wohnung, flüsterte etwas von "dich schickt der Himmel" und zeigte mir dann ihre beängstigenden Kräfte, als ich versuchte mich zu wehren. Panik ergriff mich erst, als wir uns dem Badezimmer näherten und ich unterwegs meiner gesamten Habe beraubt wurde, bis ich schließlich ohne ein Stöffchen Schutz um mich herum dieser Sexhungrigen unter der Dusche ausgeliefert war. Scheußlich! Als ich dann ihre schamlosen Hände überall auf mir spürte, ich kann Ihnen gar nicht sagen, auf was für unerhörte Ideen das Weib kam, da hörte ich jedenfalls auf, um Hilfe zu rufen. Warum ich Ihnen diese Geschichte erzähle? Nun, anschließend hat sie mir dann den halben Koffer leergekauft und mich gebeten, bald wiederzukommen. Mein Chef war äußerst zufrieden!
Unglaublich, meinen Sie? Da könnte ich Ihnen noch so einiges erzählen. Gut, kommen Sie, setzen wir uns an den Tisch dort, da ist es leiser. Ober, das Gleiche noch einmal!
Neulich zum Beispiel, das war heikel. Gott sei Dank haben die mich nicht gesehen! Auf mein Klingeln reagierte niemand, aber ich bemerkte, dass die Tür nur angelehnt war. Nun denn, dachte ich. Hier will jemand unbedingt beraten werden. Schob also mein Köfferchen in die Wohnung, und mich hinterher. Als korrekter Mensch klopfte ich noch einmal. Nichts. Also ging ich weiter, bog um die Ecke und befand mich in einem riesigen Wohnzimmer; dicke Ledersessel, flauschiger Teppich und alles so wuchtig-geschmacklos, Sie verstehen schon. In der Mitte ein enormes Sofa und darauf: ein phantastisches Geschöpf, lässig ausgestreckt, wie die Natur sie geschaffen hatte. Ein hinreißender Anblick, so schlank und jung, schlafend, wie mir schien. Ich wollte mich gerade (schamhaft errötend natürlich) zurückziehen, als eine der hinteren Türen klappte. Instinktiv trat ich einen Schritt zurück, ich wollte ja auch gehen, aber der Anblick einer zweiten Frau wirkte sich lähmend auf meine Beine aus. Ich musste einfach zusehen.
Auch diese Frau trug nichts auf dem Leib, und sie näherte sich der schlafenden mit selbstbewusster Energie. Beugte sich über sie, befühlte sie, als läge da ihr Besitz, und das Mädchen auf dem Sofa machte nun gar keinen verschlafenen Eindruck mehr. Sie seufzte, dass einem Angst werden konnte. Und die bekam ich dann auch, als mir bewusst wurde, in welch gefährlicher Situation ich mich befand! Lautlos trat ich den Rückzug an.
Apropos gefährlich: so glimpflich bin ich nicht immer davongekommen. Stellen Sie sich folgende Situation vor. Ich berate gerade ein nettes, schlichtes Frauchen und will sie von der Wirkungsweise einer bestimmten Creme überzeugen (fragende Kuhaugen und ein "meinen Sie wirklich?" ihrerseits), als der Ehemann im Raum steht. Muss wohl schon eine Weile im Flur gelauscht haben, jedenfalls tauchte er lautlos auf. Und dieser schmierige Kerl hatte wahrlich anderes im Sinn, als seiner lieben Gattin zu einem zarten Teint zu verhelfen. Mir der Beratung war es vorbei, und wäre ich nur ein bisschen größer und mutiger, so hätte ich mich wohl höflich verabschieden können. So aber musste ich es ertragen, wie der Mensch seine Frau ins Schlafzimmer bugsierte, mich hinterher zog und die Tür verschloss. Er fesselte sie dann ans Bett, was sie nicht nur gewohnt zu sein schien, sondern was sie offensichtlich erregend fand. Und während ich noch nach einem Fluchtweg Ausschau hielt, riss er ihr die Kleider vom Leib (nahm dabei nicht mal die Zigarette aus dem Mund) und zwang mich dann das zu tun, wozu er selbst offenbar keine Lust hatte. Zu meiner Schande machte ich mit. Teils, weil ich so schnell wie möglich weg wollte, der Typ wirkte wirklich äußerst brutal. Teils aber auch, weil sich die Lust dieser Frau auf mich übertrug, die Extremheit der Situation nahm mir den Verstand... Der Kerl stand die ganze Zeit mit einem üblen Grinsen daneben und rauchte.
Manchmal bin ich wirklich nahe daran, meinen Beruf aufzugeben. Manchmal aber kann ich auch behilflich sein, das ist dann wieder eine Bestätigung. Langweile ich Sie? Weitererzählen? Gut.
Da war einmal so eine ganz Blasse, von ihrem Mann wohl vernachlässigt. Die verschiedenen Lippenstifttöne, die ich ihr zeigte, konnten sie nicht beleben. Auch meine Cremes versagten, bis ich schließlich, nur aus Mitleid und beruflichem Ehrgeiz versteht sich, schließlich will ich zufriedene Kundinnen haben, bis ich also ein wenig näher rückte und nichts mehr aus meinem Koffer anbot. Da lehnte sie sich zurück. Ließ mich machen, was mir so in den Sinn kam, schloss nur die Augen und gab keinen Laut von sich. Am Ende lächelte sie aber doch. Und kaufte mein teuerstes Cremesortiment.
Was, Sie würden gern einmal den Vertreter spielen? Da kann ich ihnen nur abraten. Ekelhaft, in was für Situationen ich immer wieder gerate! Sind Sie zum Beispiel schon einmal von einer irrsinnigen Domina als Versuchskaninchen benutzt worden?
Und dann war da auch noch die fanatische Gläubige, die mich von ihrer Religion überzeugen wollte, bis ich es schließlich schaffte, sie an die weltlich-sinnlichen Genüsse glauben zu lassen.
Diese ganzen kleinen Episoden bedeuten mir nichts, glauben Sie mir. Nur einmal hatte ich ein Erlebnis, nach dem ich mein ganzes Leben umkrempeln wollte.
Sie war Anhalterin. Stand da einfach so am Straßenrand und wartete. Auf mich. Wir fuhren durch die Landschaft, und während sie ganz gelassen ihre Füße auf das Armaturenbrett setzte und aus ihrem Leben erzählte, veränderten sich für mich da draußen die Farben und die Luft. Ja, Sie haben Recht: Kitsch. Wir beschlossen, Picknick zu machen, meine Arbeit hatte ich vergessen. In einem kleinen Ort besorgten wir das Nötige, Rotwein, belegte Brötchen, Salate und Obst. Wie von selbst fand mein Wagen die ideale Lichtung, eine traumhafte Wiese bei einem Wäldchen. Ich war ein anderer Mensch, als ich dort saß, ihr beim Essen und Ausziehen zusah und ihr mein Leben und mein Herz zu Füßen legte. Über meinen Ernst dabei konnte sie nur lachen, sie drückte mich einfach zu Boden, spielte mit meiner Verwirrung, bis ich geschehen ließ, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
Als ich Stunden später wieder erwachte, war alles weg. Koffer, Geld, Auto. Seitdem glaube ich nicht mehr an eine "große Liebe" sondern nehme, was der Tag mir so bringt. Möchten Sie immer noch mit mir tauschen?